Wie Multiplikatoren dazu beitragen, dass Foodtrends entstehen – am Beispiel Kale (Grünkohl)

Exklusiver Abdruck aus dem neuen Buch „Hunger auf Neues – wie Trends unsere Ernährung verändern“

von Gastautor
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Foto: Redaktion

Wie entstehen Trends, zum Beispiel Foodtrends? Damit beschäftigen wir uns auf dem nomyblog ja immer mal wieder. So intensiv und akribisch, wie es das neue Buch „Hunger auf Neues“ tut, aber nicht. Sehr analytisch, mit historischen Bezügen und doch überaus griffig hat sich der Autor Michael Ballarini (gelernter Koch, Absolvent der Hotelfachschule, Betriebswirt, Marketing-Experte und Co-Betreiber einer Mikro-Brauerei) mit diesem Thema beschäftigt.

„Anstoss zum Buch hat mir aber die Tatsache gegeben, dass der Begriff Foodtrend Freiwild wurde: Ich hatte das Gefühl, dass jährlich mehr Magazine, Influencer*innen oder Unternehmungen ihre Foodtrendprognosen ohne stringente Argumentation veröffentlichen. Ich konnte niemanden finden, der oder die mir im Grundsatz erklären konnte, was denn ein Foodtrend ausmacht. Also habe mich mit vielen vergangenen Foodtrends und Entwicklungen auseinandergesetzt und konnte feststellen, dass alle Foodtrends Gemeinsamkeiten haben: Entweder werden sie durch Multiplikatoren oder Ernährungszielen beliebt. Diese Erkenntnis war der Grundstein für den Rest des Buches“, schreibt Ballarini uns.

Er war so freundlich, uns einen Teil aus seinem Buch zum Abdruck zur Verfügung zu stellen. In diesem Teil geht es darum, wie Multiplikatoren, man kennt sie auch als Meinungsführer oder Opinion Leader, Auswirkung darauf haben, was ein Foodtrend wird. Ganz konkret erläutert der Autor dies am Beispiel: Grünkohl. Sorry: Kale natürlich. Noch ein Hinweis: Wenn im Folgenden z.B. „gross“ statt „groß“ steht, liegt das an der Schweizer Schreibweise, die wir so belassen haben wie im Buch, das ihr hier kaufen könnt. Los geht’s.

 

„Eine Botschaft, die dazu beiträgt, dass eine Ernährungspräferenz ihren Bekanntheitsgrad vervielfacht.“

Mit Multiplikatoren decken wir zwar auch übliche Aktivitäten ab, welche Unternehmungen nutzen, um Konsumenten von einem Produkt zu überzeugen, aber damit sind wir noch nicht am Ende. Unsere Ernährung wird jedoch durch eine Vielzahl externer Einflüsse verändert. Der Schwatz mit dem Arbeitskollegen, der Hauptgang des Menüs letztens im Restaurant, selbst eine wissenschaftliche Studie zu den ernährungsphysiologischen Eigenschaften einer Ernährungspräferenz kann dazu beitragen, dass ein Hype entsteht.

Wir addieren also weitere, auch nichtkommerzielle Botschaften zu den üblichen Marketingmitteln. Die Vielfalt ist gross, weshalb wir davon absehen, eine abschliessende Aufzählung zu machen: Von der Plakatwerbung für das neue Schokoladeneis mit Goldüberzug, zu der TV Werbung für den Riegel mit Chiasamen, aber auch soziale Medien, Influencer, Zeitungen, Blogs, Kochkurse, Newsletter, Onlinewerbung sind Medien, die Multiplikatoren erzeugen.

Der Name «Multiplikator» impliziert, dass eine Vervielfachung stattfindet. Ein Multiplikator muss also zwingend den Bekanntheitsgrad vergrössern, was im besten Fall mit einer Vergrösserung der Akzeptanzbreite einhergeht. Und nochmals, weil es so wichtig ist: „Eine Botschaft, die dazu beiträgt, dass eine Ernährungspräferenz ihren Bekanntheitsgrad vervielfacht“. Wir sprechen also nicht von dem Botschafter oder der Botschafterin, sondern von der Nachricht selbst.

Wenn wir bei Ernährungszielen- und Konzepten von gesellschaftlichen Veränderungen als Einflussfaktoren sprechen, dann finden wir mit den Multiplikatoren das Gegenstück, welches insbesondere bei den Lebensmittel Anwendung findet, aber auch bei den anderen beiden Kategorien vorkommen kann. Dieser Definition folgend bedeutet dies auch, dass Herr Meier ein Multiplikator ist, wenn er zu seiner Nachbarin geht und erzählt, wie wahnsinnig gut die neue Tütensuppe im Supermarkt ist. Der Einfluss von Herr Meier ist allerdings gering, alleine wird er nicht viel bewirken können. Er spricht mit seiner Nachbarin, da sich die beiden gerne über Essen austauschen.

Demzufolge ist auch sein Multiplikationswert gering. Es hilft uns aber zu verstehen, was passiert, wenn wir eine Ernährungspräferenz haben, die von den Konsumenten mit einer starken Akzeptanztiefe belegt ist. Denn Herr Meier ist begeistert von der Tütensuppe und erzählt mit viel Enthusiasmus, wie gut sie ihm schmeckt. Wenn nun abertausende Herr Meier die Tütensuppe kaufen und ähnlich begeistert sind, dann werden sie auch in Massen zu Ihren Nachbarn und Nachbarinnen strömen und voller Freude von der Brühe erzählen. Es entstehen wertvolle Multiplikatoren. Herr Meier trägt seine Argumente authentisch vor, seine Überzeugungskraft ist gross, seine Nachbarin wird beim nächsten Supermarktbesuch mit grosser Wahrscheinlichkeit ins Tütenregal greifen.

Um relevante von irrelevanten Multiplikatoren unterscheiden zu können, beurteilen wir mit den folgenden drei Kriterien:

  • Anzahl
  • Reichweite
  • Überzeugungskraft

Wir haben nun drei Faktoren, die uns einen Hinweis darauf geben, wie wirksam Multiplikatoren sind. Nun geht es darum herauszufinden, wie diese Faktoren angewendet werden. Nehmen wir unser Beispiel von vorhin, um der Antwort auf die Schliche zu kommen. Herr Meier ist alleine – einen tieferen Wert gibt es nicht.

Nehmen wir nun an, dass wir den Erfolg der Tütensuppe in einem kleinen Convenience-Store um die Ecke betrachten. Dann ist der Multiplikator Meier noch immer schlecht, aber immerhin spielt er eine Rolle. Im besten Fall ist er der Grund, weshalb der Laden den Verkauf dieses Produktes um 100% steigern konnte. Nämlich dann, wenn neben ihm die Nachbarin zur Anhängerin der Suppe wird. Wenn wir nun aber den gesamten Markt Deutschland betrachten, dann steht Herr Meier wortwörtlich ziemlich alleine da.

Nun, Herr Meier spricht lediglich mit seiner Nachbarin über das Essen. Er beeinflusst eine einzelne Person, was ebenfalls der tiefste aller Werte für ein Multiplikator ist. Nehmen wir nun an, er sei der bekannteste Foodblogger Deutschlands. Mit einem einzelnen Post erreicht er hunderttausende Personen mit Plus/Minus denselben Interessen. Zwar wäre Herr Meier noch immer alleine, doch mit seiner Reichweite werden Multiplikatoren nun äusserst wertvoll.

Zu guter Letzt wird die Überzeugungskraft zur Bewertung des Multiplikators betrachtet. Herr Meier aus der Nachbarschaft spricht persönlich vor, ist Bekannter der Nachbarin und hat demzufolge eine hohe Authentizität. Er ist überzeugt von der Tütensuppe und möchte sie den Leuten empfehlen, die er mag. Er profitiert persönlich nicht direkt davon, er geniesst den Erfolg, jemandem etwas Gutes getan zu haben. Dennoch ist seine Überzeugungskraft gross, da er bis zu einem gewissen Masse die persönliche Beziehung auf das Spiel setzt.

Auf der anderen Seite steht der Foodblogger-Meier, welcher seine Nachricht ebenfalls auf der persönlichen Ebene mitteilt, jedoch einen direkten Profit aus der Nachricht erhält. Sei dies durch einen Werbedeal oder lediglich durch die Erhöhung seiner Anzahl Follower. Im Wissen, dass der Foodblogger davon profitiert, ist dann auch die Glaubwürdigkeit geringer. Zudem ist die persönliche Distanz grösser, was die Überzeugungskraft gegenüber Herr Meier aus der Nachbarschaft ebenfalls verringert.

Exemplarisch für die Multiplikatoren ist das Beispiel Kale (uncool: Feder- oder Grünkohl).

Um das Jahr 2010 lanciert, wurde diese Kohlsorte zum Trendlebensmittel orchestriert. Es ist äusserst umstritten, wer diesen Trend angestossen hat. Für unser Anliegen ist dies aber auch nur wenig von Interesse. Denn Anstösse für neue Trends finden ständig statt. Hinter jeder Ernährungspräferenz stehen überzeugte Konsumenten, Unternehmen oder andere Interessengruppen, die bewusst oder unbewusst Multiplikatoren erstellen. Diese ermöglicht ein ständiges Grundflimmern von Multiplikatoren, welche manchmal etwas stärker und manchmal weniger ausgeprägt sind. Dies kann dazu führen, dass kurzzeitig sehr viel über eine Ernährungspräferenz gesprochen und geschrieben wird, sie aber dennoch nicht vermehrt nachgefragt wird.

Beim Kale stellen wir dieses Grundflimmern anhand der Internet-Suche über mehrere Jahre fest. Ab April 2009 sehen wir erste Auffälligkeiten in den USA. Ab diesem Zeitpunkt stieg das Interesse stetig, bis im Januar 2014 der Peak erreicht wurde. In den folgenden Jahren nahm das Interesse leicht, aber stetig ab. In Grossbritannien sind ähnliche Zyklen zu beobachten, jedoch mit einer Verzögerung. Noch später kommt die Schweiz: Das Interesse am Kale stieg in ähnlichem Masse wie in den USA, jedoch mit einer mehrjährigen Verspätung.

Und die Deutschen? „Grünkohl“ zeigt keine Auffälligkeiten und auch um den „Kale“ ist es ruhig. Das Interesse steigt allmählich, jedoch auf einem sehr tiefen Niveau. Doch dann ist etwas passiert, das unser Interesse wecken muss. Im August 2016 explodierten die Suchanfragen. Kale wurde um ein x-faches öfters gesucht als noch eine Woche zuvor. Auch die Medienhäuser arbeiteten fleissig am neuen Trendthema. Bericht um Bericht wurde publiziert und mit einem Schuss Sarkasmus wurde der Grünkohl zum Kale umgetauft.

Was war passiert? Ein einzelner Beitrag in einer beliebten Startup-Fernsehsendung reichte, um die Akzeptanztiefe des Grünkohls in neue Sphären zu heben. Das Interesse wurde auf einen Schlag vervielfacht. Allerdings: Der Spuk war nach einigen Wochen auch wieder vorbei. Die Beachtung nahm schnell wieder ab und pendelte sich auf einem Niveau ein, das leicht über dem war, das Kale vor dem sehr kurzen Hype hatte.

Auch auf Seite der Anbieter war von dem Trend wenig zu spüren: Gemäss dem deutschen statistischen Bundesamt gab es zwischen 2010 und 2019 mittelgrosse Schwankungen in der Erntemenge des Grünkohls in beide Richtungen, doch ist lediglich mit etwas Fantasie eine Steigerung der Mengen über diese Jahre zu sehen. Gute und schlechte Jahre tauschten sich ab und in den Jahren 2019 und 2012 wurden die geringsten Mengen geerntet.

Anders verlief die Geschichte in den USA, dem Geburtsort des Kale-Trends. Und dies ist auch der Punkt, der uns zu den Multiplikatoren zurückführt: Bereits in den Jahren 2008 und 2009 nahmen die Suchanfragen leicht zu. Verschiedene US-Medien gaben dem Gemüse vermehrt Präsenz. Die renommierte New York Times war dabei besonders engagiert: Von Artikeln über die Gesundheit, Variabilität, Preis-Leistungsverhältnis und natürlich Rezepten. Viele Rezepte. Vom Frittieren, Braten, Kochen, Backen, mixen und Dünsten und anschliessendem Füllen, Belegen, Dekorieren, Mischen und Einpacken. Jeder Bericht und jedes Rezept steigerten das Interesse weiter, multiplizierten die Akzeptanz.

Plötzlich sahen sich auch Köche, Restaurants und Lebensmittelproduzenten gezwungen, sich mit dem Grünkohl auseinanderzusetzen. Hersteller versuchten sich an ersten Tests, Märkte und Produkte wurden beobachtet. Wie wild entwickelte die Industrie neue Kale-Produkte: Von Chips, Fertigsalaten, getrocknetem Kale, ready-to-drink-Smoothies oder Kale Nachos, um nur einige zu nennen. Bekannte Küchenchefs kreierten ihre Kale Signature-dishes und wurden damit in den Medien abgebildet. Prominente kochten ihre beliebtesten Rezepte in bekannten TV-Sendungen. Der Trend schien kein Ende zu nehmen – Kale-Multiplikatoren waren allgegenwärtig. Gemäss einem Bloomberg Bericht („Farmers are growing a lot more Kale now“) stieg die Kale Produktion von 2007 bis 2012 um starke 60%.

Eine weitere Studie (2017 Census of Agriculture – UNITED STATES DATA) der USDA belegt, dass die Anbaufläche für Kale von 2012 bis 2017 um sagenhafte 144% zugenommen hat. Auch nach dem Peak im 2014 blieb das Interesse hoch. Kale schaffte damit etwas, das vielen sogenannten Superfoods vorenthalten blieb. Ein bekanntes Lebensmittel, dass dank verschiedenster Multiplikatoren ein Momentum erreichte, welches wiederum durch Multiplikatoren zum Hype getrieben wurde.

Natürlich reichen die Multiplikatoren alleine nicht aus, um eine solche Erfolgsstory zu schreiben. Wir haben in den bisherigen Kapiteln einige Kriterien besprochen, welche für einen Foodtrend zuträglich sind. Eindrücklich an diesem Kale-Fall ist jedoch, dass sich ohne Multiplikatoren niemals ein Trend entwickelt hätte.

Dem Kale-Trend verdanken wir viel Wissen um Foodtrends und Multiplikatoren, welches wir auf den folgenden Seiten entschlüsseln.

Wir haben den Vergleich zwischen einzelnen Ländern gezogen und festgestellt, dass der Trend in den USA explodiert ist, während sich die Nachfrage in Europa nur langsam steigerte. Vielerorts konnte eine Steigerung des Interesses festgestellt werden, in Deutschland war der Trend jedoch praktisch inexistent. Unweigerlich drängt sich die Frage auf, wo der Unterschied zwischen den Märkten liegt.

Auch in Deutschland wurden Lifestyle-Magazine, Rezeptzeitschriften und andere Medienhäuser auf den Hype aus den USA aufmerksam. Die News wurden geteilt. Doch der grosse Run blieb aus. Wenn wir vergangene Trends betrachten, nicht nur im Ernährungsbereich, müsste man denken, dass die Europäer bei einem neuen Trend aus den USA die Supermarktregale leerkaufen. In diesem Fall war dies nicht möglich, denn die Supermarktregale waren gar nie gefüllt. Die europäische Lebensmittelindustrie war durchaus skeptisch über diesen Trend aus Übersee.

Während Kale in den USA bereits seit einigen Jahren an Bekanntheit zulegen konnte und die Industrie eine grössere Sicherheit für Ihren neuen Absatz hatte, wussten die Europäer noch nicht, wie sich der Trend in den hiesigen Ländern entwickeln würde. Eine Deutsche Landwirtin überlegt es sich zweimal, ob sie ein Feld mit Grünkohl säen soll, wenn der Trend zum Erntezeitpunkt fünf Monate später womöglich bereits wieder vorbei ist.

Gastronomen sehen sich mit einem ähnlichen Problem konfrontiert: Nachfrage- und Bezugsunsicherheiten verhindern tolle Kreationen in hiesigen Restaurants. Je wahrscheinlicher eine positive Entwicklung stabil bleibt, umso eher investieren Anbieter in den Trend. Auf der anderen Seite sind es genau diese Investitionen, welche Trends aufrechterhalten. Wir können dies in der Entwicklung in den USA beobachten. Als das Vertrauen in die weitere, positive Entwicklung des Trends grösser wurde, investierten verschiedene Industrien in den Kale.

Investitionen müssen sich über einen gewissen Zeitraum auszahlen. Investoren, die Gelder auf diese «Wette» gesetzt haben, haben auch ein Interesse daran, dass Multiplikatoren eingesetzt werden um weitere Konsumenten zu überzeugen. Weitere Konsumenten ziehen zusätzliche Investoren an. Dies erzeugt im besten Fall eine sich selbst steigernde Spirale. Wobei wir mit «Investor» nicht zwingend Geldgeber im klassischen Sinn meinen. In den Trend investieren Restaurants, Supermärkte, Take-Aways, Landwirte, Lebensmittelproduzenten oder Händler, wenn sie Essen anbieten, deren Nachfrage eine Unbekannte ist.

Die Investition ist also nicht zwingend eine direkte finanzielle Investition in den Trend, sie kann auch auf andere Art gemacht werden. Das Restaurant, das zu Beginn des Kale-Trends seine Menükarte danach ausgerichtet hat, riskiert, dass die Nachfrage ausbleibt und keine Gäste einkehren. Auf dem Spiel stehen also die Umsätze, die das Restaurant gemacht hätte, wären sie bei einer konventionellen Gestaltung der Menükarte geblieben.

Diese Opportunitätskosten können wir als eine Investition in den Trend ansehen. In Deutschland wurden diese Investitionen nicht getätigt. Mitgrund dafür war sicherlich die bestehende Kohlkultur. Die Hassliebe der Deutschen half nicht mit, dass der nun coole Kale in Deutschland vermehrt gegessen wurde. Superfood hin oder her.

Während in Deutschland das oben beschriebene Grundflimmern an Multiplikatoren mit Ausnahme eines Ausbrechers relativ stabil geblieben ist, haben wir in den USA ab 2009 einen starken Wandel festgestellt. Anfänglich lediglich mit einigen Medienanstalten, die vermehrt über das Gemüse schrieben, bis zunehmend weitere Botschafter die Nachricht zu multiplizieren begannen.

Möchten wir herausfinden, welcher Multiplikator den Kale-Trend lanciert hat, dann werden wir schnell feststellen, dass wir bei diesem Trend keinen einzelnen dafür küren können. Zwar gibt es immer wieder auffällige Multiplikatoren, zu beweisen, dass ein einzelner den Trend angestossen hat ist jedoch nicht möglich.

Wir können zudem feststellen, dass solche Auffälligkeiten bei praktisch jeder Ernährungspräferenz vorkommen. Auch bei Dingen, die nie zu einem Trend geworden sind. Ständig werden neue Lebensmittel oder Ernährungskonzepte prominent dargestellt, diese Tatsache alleine hilft uns aber noch nicht, auf die Spur von Trends zu kommen. Nicht zwingend werden aus solchen Auffälligkeiten Trends, allerdings hatten Trends zum Beginn ihres Aufstieges oft solche Auffälligkeiten.

Beim Kale ist nur eines sicher: Verschiedene Multiplikatoren waren dem Trend zuträglich.

Anzahl, Reichweite und Überzeugungskraft waren anfänglich auf tiefem Niveau. Auch hat keiner der Multiplikatoren einen Domino-Effekt verursacht, sodass weitere Botschafter motiviert wurden, eigene Multiplikatoren zu erstellen. Zusammengefasst können wir im Jahr 2009 also erste Auffälligkeiten feststellen, es konnte jedoch noch nicht erwartet werden, dass diese sich zu einem Trend entwickeln.

Nachdem im 2010 weitere Zeitungsberichte folgten, Kale zu einem Top 10-Trend in einem der bekanntesten, englischsprachigen Magazine gekürt wurde und erste Promis sich als Fans des Kohls ausgaben, folgt das Erfolgsjahr 2011. Weitere Promis warben für Kale, teilweise mit eigenen Kochsendungen. Der Begriff «Superfood» wird vermehrt mit Kale in Zusammenhang gebracht. Die Multiplikatoren legen insbesondere in der Überzeugung zu. Wer kann besser für ein gesundes Lebensmittel werben, als vertrauenswürdige, schlanke und gesund aussehende Stars?

Die Anzahl wie auch die durchschnittliche Reichweite waren noch nicht auf dem Höhepunkt. Die erreichten Konsumenten liessen sich allerdings schnell von dem Produkt überzeugen, der Trend gewann an Geschwindigkeit. Eine vergleichbare Entwicklung wird oft auch bei neuen Diäten gemacht: Die Multiplikatoren werden zwar weder von einer grossen Anzahl Personen erzeugt, noch haben sie eine grosse Reichweite, da die Botschafter der Multiplikatoren jedoch äusserst leidenschaftlich von ihrem (offensichtlichen) Erfolg erzählen, haben sie eine grosse Überzeugungskraft.

In den folgenden Jahren konnte der Kale-Trend weiter ausgebaut werden. Neue, begeistere Konsumenten wurden überzeugt und Investoren fühlten sich sicher genug, in den Trend zu investieren. Im Jahr 2014 war die Beliebtheit auf dem Höhepunkt, die Multiplikatoren waren bei Reichweite, Authentizität und Anzahl auf dem höchsten Stand, der Kohl verkaufte sich so stark wie nie zuvor.

Langsam aber sicher musste Kale Platz für andere Trends machen. Erstaunlicher als der Trend als solches, ist die Tatsache, dass sich dieser gesteuerte Trend durchgesetzt hat. Auch nachdem Kale nicht mehr zu den Buzzwords der Ernährungstrends zählte, kaum mehr Magazine Berichte und Rezepte abbildeten und Influencer nach neuen, spannenden Lebensmitteln suchten, blieben die Absatzzahlen in den USA hoch. Kale konnte sich etablieren, indem viele neue Konsumenten das Gemüse in ihr Ernährungsprofil aufgenommen haben. 

 

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Noch mehr Foodtrends geht der Autor auf der parallel gelaunchten Webseite auf den Grund. Als Fondue noch sexy war, Foodtrends vor 100 Jahren oder der Untergang des Fleischkonsums.

 

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