Rasmus Bo Bojesen ist ein smarter Typ: sportlich, gut gekleidet und höflich, fast etwas zurückhaltend wirkend. Das ist mein erster Eindruck, doch bei unserem Treffen in Berlin dauert es jedoch keine halbe Minute, und er wird laut.
„Shut up and go to work“, brüllt er mich an. Ich erschrecke ein wenig. Er stellt damit in aller Deutlichkeit nach, was ihm in seiner Ausbildungszeit in der Küche widerfuhr, wenn er sich etwas über das Thema Schokolade schlau machen wollte: Mund halten und zurück an die Arbeit. Doch er ließ sich davon nicht beirren. „Schokolade war immer ein Mysterium für mich“, erklärt er mir. Besonders in seiner Zeit beim Schokoladen-Maître Bernachon in Lyon erhielt er tiefe Einblicke in das süße Handwerk, er verfeinerte sein Wissen in Japan, gründete 2007 die Chocolate Society, 2009 veröffentlichte er das Buch „Sense for Chocolate“. Der erfolgreiche Gastronom – er betreibt unter anderem das Restaurant im Kopenhagener Opernhaus und ein Konferenzcenter in Axelborg – arbeitete stets mit belgischen und französischen Schokoladen, ganz klassisch. Eines Morgens im Bad fragte ihn seine Frau: „Rasmus, warum stellen wir keine Bioschokolade her?“ Peng, peng, peng. „Ich schoss dreimal zurück: Geschmack, Geschmack und nochmal Geschmack.“ Die bestehenden Qualitäten reichten ihm einfach nicht aus, um das hohe Niveau, auf dem er mit Schokolade arbeitet, bedienen zu können.
Doch dann war sie doch wieder geweckt, Bojesens Schokoladen-Neugier. Er machte sich auf die Suche nach Sorten, die seinen Ansprüchen genügen würden. Und fand heraus, dass es in Bolivien, an der Grenze zu Brasilien, wild wachsende Kakaobäume gibt. Seine Idee: Eine Premium-Bioschokolade aus deren Beniano-Kakaobohnen herstellen,nach dem Prinzip „from bean to bar“. „Bislang war ich der Sommelier, nun wollte ich der Winzer werden“, erklärt er mir. Ein befreundeter Müller, der Quinoa aus der Region bezieht, berichtete ihm von Danida, einer Initiative des Außenministeriums, das kleine Hersteller aus Entwicklungsländern mit dänischen Unternehmen zusammen bringt. So konnte er den Kontakt zu einem kleinen Unternehmen im Amazonas-Gebiet aufbauen, das sich von den dort lebenden Menschen wilde Bohnen anliefern lässt.
Zwei Jahre tüftelte Bojesen an Fermentierungsdauer, Röstgrad und unterschiedlichen Conchierungsgraden für seine Oialla-Schokoladen herum. Er fand dabei unter anderem heraus, dass die optimale Fermentationszeit für die Bohnen nicht fünf, wie dort traditionell vorgenommen, sondern drei Tage beträgt. Danach werden die Bohnen weitere fünf Tage in der Sonne getrocknet. Eine faire und enge Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort ist ihm wichtig. Die rund 50 Familien, die Bohnen sammeln, erhalten Werkzeug, Schutzmaterial und einen höheren Lohn, als sie sonst für die gesammelten Bohnen erzielen. Zweimal im Jahr reisen Bojesen und seine Frau in die Region, beim nächsten Mal wollen sie die Vorbereitungen für ein neues Produkt starten. Aus dem frischen Kakaosaft, der bei der Fermentierung entsteht, soll ein Kakao-Balsamico hergestellt werden.
Jetzt geht es aber erstmal um die Oialla-Schokolade. Deren Qualitätsunterschied liegt auf der Zunge: Eine reguläre Kakaobohne hat weniger „schokigen“ Geschmack, ist bröselig, trocknet den Mund aus. Die Beniano-Bohne muss man mit den Zähnen knacken. Dann entfaltet sie einen intensiven Schokoladengeschmack, der lange nachhält. Eigentlich könnte man sie so schon knabbern. Diese Eigenschaft wird in der Weiterverarbeitung bewahrt: Leichte Röstung, lange Conchierung, sanfte Walzung, Hinzugabe von nur 28% Rohrzucker, keine künstlichen Geschmacksstoffe, kein Lecithin. Die Oialla-Sorten mit einem Kakaoanteil von 72% und 78% schmecken intensiv, fruchtig, nach Trauben und Himbeeren. Auch nach längerer Zeit bildet sich kein Säuregeschmack, die angenehme Schoko-Note klingt lange im Mund nach.
In Dänemarks Gastronomie ist Oialla längst kein Geheimtipp mehr: Das berühmte Kopenhagener Noma hat bei Bojesen gerade 35 Kilo seiner Milchschokolade bestellt, um damit ein „crispy pork skin“-Gericht zu kredenzen. Die Eismanufaktur Jakob & Jakob hat jüngst eine eigene Oialla-Schokoladensorte entwickelt. Und auch bei uns findet sein Produkt bereits Zuspruch: Das Berliner Restaurant Reinstoff arbeitet mit Bojesens Schokoladen, ebenso das Vendôme in Bergisch Gladbach.
Natürlich eignet sich das Produkt auch hervorragend, um pur genascht zu werden. Mit einem neuen, kunstvollen Packaging empfehlen sich die Schokoladen auch als Präsent. Auch in anderen Regionen der Welt habe er wilden Kakao entdeckt, verrät Bojesen mir zum Schluss. Kommen bald also neue Schokoladen? „Das ist ein langer Weg. Aber der erste Schritt ist gemacht.“ Zurück an die Arbeit.
Mehr Informationen über Oialla
und Online-Bezugsmöglichkeit:
www.oialla.com
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