Peter Inhoven betreibt in Düsseldorf einen Metzgereibetrieb in dritter Generation und macht unterhaltsame Aufklärungsarbeit in Sachen Wurst. Wir haben mit ihm gesprochen.
Herr Inhoven, warum machen Sie das?
Weil es mich beeindruckt hat, wie schön Köche ihr Handwerk zelebrieren. Da habe ich mich gefragt: Was sind wir Metzger eigentlich für Dösbacken, dass wir das nicht auch tun? Jeder will doch für das, was er macht, Liebe zurück bekommen. Unser Beruf ist sehr verunglimpft. Bei mir können die Leute mal ganz transparent sehen, dass es echtes, ehrliches Handwerk ist. Ohne Spökes und Zauberei, mit natürlichen Kräutern und der Option der sofortigen Verkostung. Außerdem spiele ich ganz schlecht Schlagzeug, wollte aber auch mal auf der Bühne etwas präsentieren.
Sie haben doch früher Schlagzeug in einer Band gespielt?
Ja, aber nicht bühnenreif. Dafür waren wir ziemlich experimentell, eigentlich waren wir ganz cool.
Wie hieß die Band?
Die Manipulation. Später dann Chamäleon.
Wenn Sie live wursten, läuft auch Musik dazu.
Ja, der Situation angepasst. Im Sommer loungig oder mit Smooth Jazz. Bei der „Nacht der Museen“ in Düsseldorf gab es Rockabilly. Gerade komponiert der Filmemacher und Cellist Nick Wolff für uns eine CD mit Gitarrenmusik für seinen Film, der die ganze Szenerie beschreibt.
Eine Ihrer Würste heißt Politbüro.
Es sind nur Nicht-Südfrüchte drin: Rote Bete, Gurke, Apfel, Zwiebel, Meerrettich.
Ihre Würste haben alle lustige Namen: Shanghai Tiger, Transsylvanische, La Fleur, Tötet Flipper…
…das öffnet Türen. Die Leute werden neugierig und probieren. Alle sagen immer: Normalerweise esse ich ja keine Wurst. Bei uns aber schon.
Welche Wurst sollten wir heute Abend unbedingt probieren?
King of Laos. Mit Fleisch vom Rind, Zitronengras, Koriander, Austernsauce, Sojasauce und Schalotten, ein bisschen Dill, um nur einige Zutaten zu verraten. Naja, das sind eigentlich alle.
Was verrät eine Wurst über ihre Herkunft?
Je heißer die Region, desto schärfer die Wurst. Das hat damit zu tun, dass Schärfe keimabtötend und antibakteriell wirkt, was früher für die Lagerung sehr wichtig war. In Marokko zum Beispiel machen sie eine kräftige Merguez, in Südafrika gibt es rohe Wurst mit viel Chili, Rotweinessig und Kreuzkümmel. Und die Salsiccia ist in Süditalien richtig pikant, im Norden aber ganz mild.
Die Abschnitte des geschlachteten Tiers, die man nicht als Hauptteile verwerten konnte, die aber genussfähig waren, wurden mit viel Salz haltbar gemacht und in eine Hülle gestopft. Zuerst in der Schifffahrt: Man salzte Fleisch stark an, um Skorbut vorzubeugen. So kam man zu den ersten Schinkenstücken und das Pökeln entstand. Wenn man es pfiffig macht, ist das ne große Freude. Manchmal besser als Fleisch, finde ich.
Was sagen Sie zur Wurst im Supermarkt?
Der Verbraucher will es möglichst preisbewusst. Selber schuld, kann ich da nur sagen: Es werden billige Zutaten verwendet, es wird in Masse produziert und die Wurst mit Marketingkalkül verkauft statt mit handwerklichem Gedanken. Der Anspruch an das Geschmackserlebnis nimmt ab, die Vielfalt stirbt aus, die Leute geben sich zufrieden mit dem, was sie geboten bekommen. Mit einem Blutwurstsalat schockiert man sie. Bis ich mal ein leichtes Taboulé etablieren konnte statt immer nur piefigen Kartoffelsalat anzubieten, das hat ewig gedauert.
Wie isst man Wurst?
Ohne Senf.
Foto: Anké Hunscha