Na servas, dachten sich die Wiener, als bekannt wurde, dass Tim Mälzer an ihrer Ringstraße ein semi-deutsches Gastronomiekonzept einziehen lassen wird – genau dort, wo es im traditionsbewussten Kaffeehaus zwar immer ein Glaserl Wasser zur Mélange, aber vom strengen Ober kein Lächeln zugeworfen gibt und der klassische Tafelspitz im familiengeführten Spitzenrestaurant ums Eck nicht nur stadtbekannt, sondern weltberühmt ist.
Das Ergebnis heißt Salonplafond und befindet sich seit rund einem Jahr im „Museum für angewandte Kunst“. Geschäftsführer Peter Eichberger lässt geröstete Sauerteigbrote mit Kürbis, Büffelmozzarella und Feldsalat auf Holzbrettern oder wechselnde Mittagsgerichte auf stilvoll lässigem Keramikgeschirr servieren. Was gemeinsam mit Mälzers tellerrand consulting entwickelt wurde, führt der Wiener Gastronom heute mit seiner Frau Barbara im Alleingang. Unter der denkmalgeschützten Decke, der das Lokal seinen Namen zu verdanken hat, lässt Eichberger das erste Jahr der neuen MAK-Location für uns Revue passieren.
Unsere Autorin Jasmin Tomschi unterhielt sich mit dem Gastronomen darüber, warum er in Wien nach skandinavischem Vorbild kochen lässt, warum er keine Expansionspläne hegt und wer Tim Mälzers Schüler Aaron Waltl zukünftig in der Küche vertreten wird.
Im Herbst 2015 wurde anstelle des frei gewordenen Lokals im MAK ein neuartiges Restaurant angekündigt. Herr Eichberger, wie sah der ursprüngliche Plan für Ihren Salonplafond aus?
Nun, von neuartig haben wir deshalb gesprochen, weil wir diesen bekannten Platz am Wiener Stubenring 5 architektonisch komplett neu gestaltet haben. Kein Stein blieb auf dem anderen. Alles wurde ausgehöhlt, nur die denkmalgeschützte Decke blieb unberührt.
Umgebaut wurden sowohl die Küche als auch der 300 qm große Gastraum mit seinen fünf bis sechs Meter hohen Wänden. Worauf ist man im Nachhinein besonders stolz?
Auf die Verbindung zwischen unserem Restaurant und dem Museum für angewandte Kunst und Industriedesign. Vieles ist angelehnt an die Wiener Industrie der 1940er und an bedeutende Architekten wie Josef Frank, von dem wir originale Stoffe haben. Neben echten Stühlen von Oswald Haerdtl, nachgebauten Lederstühlen von Ernst Schwadron und Lampen nach einem Entwurf von Calma. Ich bin stolz darauf, dass wir hier kein Fremdkörper sind.
Und das findet alles im Rahmen eines entspannten Ganztagskonzepts statt.
Der Plan war, ab zehn Uhr morgens mit Frühstück und belegten Broten zu beginnen, mit einem schnellen Mittagsteller weiterzumachen und abends wirklich groß aufzukochen. Manchmal laden wir DJs ein und lassen die Bar in den Vordergrund rücken, montags ab 18 Uhr findet mittlerweile regelmäßig unser „Salon Bauchgefühl“ statt: Das Küchenpersonal kocht ein Überraschungsmenü mit drei oder vier Gängen sozusagen freestyle und die Gäste bezahlen dafür, so viel sie wollen.
Die Presse schrieb viel über den deutschen Starkoch Tim Mälzer, der gekommen war, um die Wiener Gastroszene aufzumischen. Tatsächlich wurde das Konzept gemeinsam mit der „tellerrand consulting“ von Mälzer, Patrick Rüther und Bart Felix entwickelt. Wie passt der Salonplafond dort ins Portfolio?
Stimmt, die „tellerrand consulting“ war unser Berater, der uns unter anderem bei der Ausrichtung des Küchenkonzepts zur Seite stand. Ein ganz entscheidender Punkt war, dass ich hier ursprünglich grillen wollte. Doch dann stellte sich heraus, dass wir kein Gas haben und in diesem Museum nicht mit offenem Feuer, sondern nur mit Strom arbeiten können. Gemeinsam mit Tim ist dann die Idee entstanden, Sous-Vide in den Vordergrund zu stellen.
Sie kommen ursprünglich aus der Systemgastronomie, haben über 20 Jahre mehrere Wiener „McDonald’s“-Filialen betrieben. Wie kommt man vom Expansionsmodell einer US-amerikanischen Fast-Food-Kette ins Gespräch mit einer Museumsdirektion?
In erster Linie wollte ich mit vielen Dingen, die „McDonald’s“ macht und in Zukunft machen wird, nicht mehr mitziehen. Ich konnte so einiges nicht mehr gutheißen und habe mich entschlossen, zu verkaufen, um mich dem widmen zu können, was ich leidenschaftlich gerne machen wollte: eine einzige, richtige Gastronomie betreiben.
Welche Vor- und Nachteile hat es, mit dem Salonplafond nicht komplett eigenständig, sondern in einem vorgegebenen Kontext zu existieren?
Ein großer Vorteil war, dass diese Adresse als Restaurant schon sehr bekannt war. Zuerst zehn Jahre lang als spannendes und gut funktionierendes Konzept des „MAK-Café“, später mit dem „Österreicher im MAK“ als Restaurant mit Wiener Küche. Außerdem bekommt man vom Museum tagsüber Gäste, ist aber nicht immer in allen Entscheidungen frei. Dass wir das Restaurant nur zu den Öffnungszeiten des Museums betreiben können, war einer der Gründe, warum wir uns für ein Ganztagskonzept entschieden haben.
Wie viele Kunstinteressierte verschlägt es für gewöhnlich zu Ihnen?
Das hängt tatsächlich sehr stark von der Qualität der Ausstellung ab. Als wir eröffnet haben, lief mit „The Happy Show“ von Stefan Sagmeister die beste in der Geschichte des Museums. Wir waren verwöhnt, weil wir dachten, der große Andrang geht immer so weiter. Als die Ausstellung vorbei war und wieder Normalzustand einkehrte, kam die Ernüchterung. Da ist dann nicht mehr so viel vom Museum zu erwarten.
Apropos Erwartungen – mit welchen kommen die Gäste in den „Salonplafond“?
Tagsüber geht’s darum, in der Mittagszeit für die Museumsgäste und Gäste, die in den Büros und Ministerien rund um die Ringstraße arbeiten und knapp eine Stunde Pause haben, möglichst schnell zu sein. Den Besuchern des MAK servieren wir hauptsächlich Snacks oder Kaffee und Kuchen. Wenn das Museum ab 18 Uhr geschlossen ist, leben wir von den Gästen, die extra kommen, um abends bei uns zu essen.
Als Sie hier eingezogen sind, wurde bei Null angefangen – auch, was das Team angeht. Wenn wir ein Jahr später Bilanz ziehen: Wie sind die Stellen aktuell besetzt?
Die Führungskräfte, die von Anfang an dabei waren, sind immer noch da. André Drechsel ist Restaurantleiter, Eva Kröller seine Stellvertreterin. In der Küche hingegen hat es vor Kurzem einen Wechsel in der Leitung gegeben: Die Aufgaben unseres ehemaligen Küchenchefs Aaron Waltl übernehmen die zwei Sous-Chefs Philipp Sieler und Michael Erfurt. Auch die beiden sind seit Beginn dabei und bilden jetzt eine Doppelspitze in der Küche. Wir haben anfangs mit zu wenigen Leuten begonnen, das hat sich aber mit der Zeit gebessert. Heute sehen wir in der Küche kaum Fluktuation, im Service etwas mehr.
Was wird gekocht?
Wir sind sehr stark von der Nordic Cuisine inspiriert, ohne tatsächlich Nordic Cuisine zu machen. Unsere Speisen sind auf das Wesentliche reduziert und stellen das Produkt in den Vordergrund. Sie bestehen im Großen und Ganzen meistens nur aus drei Komponenten. Wird ein Stück Fleisch zubereitet, soll der Schwerpunkt auf der Qualität und dem Geschmack von diesem Fleisch liegen. Es kann auf Verzierungen, Schäumchen und zu viel Theater auf dem Teller verzichten. Wichtig ist das Handwerk, das sich wie ein roter Faden von unseren belegten Broten, für die wir mittlerweile bekannt sind, bis zu den Abendgerichten zieht.
Wie steht’s um die Präsentation?
Die Qualität und das Handwerk fangen schon bei der Einrichtung des Restaurants an. Was man hier sieht, sind zwar nicht die teuersten Materialien, aber alles gute Handwerksarbeit. Und dieser Gedanke setzt sich auf unserer Speisekarte fort. Wir ändern unsere Karte vier bis fünf Mal im Jahr. Jede Einzelne wird von einem Grafiker entworfen und in Handarbeit mit alten Risograph-Druckmaschinen bedruckt.
Ganz anders als in der Alt-Wiener Institution „Café Prückl“ auf der gegenüberliegenden Straßenseite …
Wir wollen nicht steif wirken, sondern bewusst locker sein. Hier und dort mit einem frechen Spruch provozieren. Wir sind per Du mit unseren Gästen. Zumindest dann, wenn unser Service das für angebracht hält. Grundsätzlich geht’s einfach um eine legere Atmosphäre, in der man sich wohl fühlt.
Kulinarisch blickt Wien nicht nur auf eine lange Tradition, sondern auch auf eine rosige, international inspirierte Zukunft. Worauf setzt die Konkurrenz in der Stadt aktuell?
Zu Trends habe ich wohl einen sehr eigenwilligen Bezug. Ich achte kaum darauf, was rund um uns passiert und sehe auch nicht in jedem neuen Konzept automatisch Konkurrenz.
Auf welche Ziele wird stattdessen hingearbeitet?
Wir haben echt nur ein Ziel – wir wollen das, was wir machen, jeden Tag echt gut machen und die Qualität, die wir liefern, verbessern. Wir haben überhaupt keine Lust darauf, uns zu vermehren, was natürlich auch von meiner „McDonald’s“-Vergangenheit kommt. Unser größtes Ziel ist es, nicht stehen zu bleiben, sondern den Kern unserer Idee weiterzuentwickeln.
Auf der Website von „tellerrand consulting“ ist zu lesen, dass sich Tim Mälzer und sein Team nach zwei Jahren aus Wien zurückgezogen haben. Warum das?
Das war von Anfang an so geplant, weil Tim seinen Lebensmittelpunkt in Hamburg und dort gerade mit „Die gute Botschaft“ ein neues Gastrokonzept eröffnet hat. Patrick und Bart beschäftigen sich ebenfalls mit einem neuen, spannenden Projekt und wir haben zwischenzeitlich gelernt, auf eigenen Beinen zu stehen. Wir sind gute Freunde und das Team steht uns mit Rat zur Seite, wann immer wir diesen brauchen.
Salonplafond im MAK
Stubenring 5
1010 Wien
Webseite
1 Kommentar
Ich kenne Ihr Lokal nur vom dekorieren. Ich kann daher keine Meinung angeben über ihre Küche. Jedoch was mich persönlich sehr gestört hat,das ich damals sofort mit DU angesprochen worden bin. Noch dazu von einer Angestellten die ich mit einen Magnet von 5m Metern anziehen hätte können soviel Eisen im Gesicht . Von den Tätowierungen gar nicht zu reden. Ich hoffe das sich das gebessert hat. Leger sein kann man auch sein mit netten aussehen.