Mit Matthias Heger, einem der beiden Gründer von Westkorn, spreche ich über Skype. Er lebt nämlich schon seit fünf Jahren in China. In Peking berät er das Bundeswirtschaftsministerium bei der Zusammenarbeit im Energiebereich. Wir sind aber verabredet, um über seinen Zweitjob zu reden: Westkorn, einen Korn, den er zusammen mit Deniz Günal in der Eifel herstellen lässt. Nicht nur geographisch, auch thematisch ziemlich weit voneinander entfernte Jobs, oder?
„Ich habe an der Kölner Uni Chinesisch studiert und dann immer sehr unterschiedliche Jobs gemacht – an die kam ich eigentlich immer über die Sprache“, klärt Heger auf. Einer der ersten großen Aufträge war es, für einen deutschen Spirituosenhersteller, der Korn macht, aber auch Wodka und andere Produkte, Alkohol und Weizenfeindestillat einzukaufen. Neutralalkohol, für die Produktion. „Dabei fiel mir auf, dass für Korn immer ein wesentlich besserer Grundstoff verwendet wird als für Wodka.“
Die Beobachtung des Beraters interessierte das Unternehmen nicht weiter, ihn selbst ließ sie nicht los. Zurück in Köln, berichtete er seinem damaligen Mitbewohner, heutigem Mitgründer Deniz davon. Sie testeten Filterungen mit Milch und Aktivkohle, um klassischen Korn geschmacklich sanfter zu machen.
„Unser erster Filter war ein Brita-Wasserfilter“, so Heger, „schon der hat als Ergebnis einen weicheren Geschmack hervorgebracht, und so entdeckten wir unsere Liebe zum Korn.“
Mithilfe eines Experten, einem Destillateur aus dem Umland, sollte das Ganze dann professionell aufgezogen werden. Die ersten Gespräche ergaben jedoch ein ziemlich trauriges Bild, berichtet Heger: „Die meisten Kornbrenner machen eigentlich kein Geschäft mehr, haben ihre Betriebe entweder stillgelegt oder brennen etwas anderes. Der Preisdruck ist zu stark. Das können nur die Großen machen, für die Kleinen bleibt nichts übrig, weil Du eben gute Zutaten verwenden musst.“
Einen Partner für das Unterfangen fanden die beiden schließlich mit Klaus Hermann von der Brennerei Neuerburg aus Rockeskyll (das liegt in der Vulkaneifel und nicht, wie der Name vermuten lässt, auf den Äußeren Hebriden). Hermann kommt aus einer Traditions-Destillateurfamilie, die ihre Brennanlagen selbst herstellte. Er selbst arbeitete als Lebensmittelchemiker und kaufte, um die Familientradition wieder aufleben zu lassen, einen Teil der Brennerei in der Eifel, ohne zu wissen, dass deren Anlagen von seinem Großvater gebaut worden waren. Neuerburg stellt sonst vor allem Obstbrände für die gehobene Gastronomie her. Der hier produzierte Kornbrand ist die Grundlage für Westkorn und wird dann zwei Schritten verfeinert. Kupferkatalyse in einer historischen Distille reinigt das Produkt von ungewünschten Geschmacksbestandteilen und gibt ihm eine elegante Vanillenote, Eisfiltration rundet das Aroma ab. Das Endprodukt empfiehlt sich auch für Cocktails und Longdrinks, Rezeptideen hier.
500 Flaschen hat man im vergangenen November abgefüllt, das zweite Batch ist gerade in der Mache. Zurzeit gibt es Westkorn in Kölner Bars und übers Internet. Bald will man allen großen deutschen Städten an der Korn-Renaissance mitwirken, an der auch Startups in Hamburg (The Ostholsteiner, wir berichteten) und Berlin (Das Korn) arbeiten. Aktuell suchen die beiden auch nach Vertriebspartnern für jede große Stadt: Handelsvertreter, die guten Zugang zu Szenebars haben, dürfen sich gerne bei Westkorn melden.
Sollte die Sache weiter so gut laufen wie sie angefangen hat, könnte es auf Dauer für Heger etwas schwierig werden, in China Energie zu beraten und in Deutschland Schnaps zu verkaufen. Aber das ist dann ein Luxusproblem.
Bleibt noch die Frage: Wie kommt der Dackel aufs Etikett? „Der ist für uns das Symbol der deutschen Piefigkeit, für den auch Korn steht, der Dackelbesitzer, der in die Eckkneipe geht und sich ein Herrengedeck bestellt“, erklärt Heger. Und außerdem stellt die Familie ihres Brenners nicht nur seit Generationen Schnaps her, sondern geht auch zur Jagd und züchtet die Kleinausgabe des Jagdhundes. Blickt ein Dackel in den Spiegel, so soll der Großvater gesagt haben, dann erblickt er einen Löwen. Alles eine Frage der Perspektive.
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